Mittlerweile war ich nun in die Jahre gekommen, das Wirtshausessen gefiel mir gar nicht mehr, ebenso das Alleinleben. Da sah ich mich denn nach den Töchtern des Landes um und mein Blick fiel auf Frl. Anna Röhrig, Tochter des Schiffseigners R. hier. Schon längere Zeit kannten wir uns und ich lernte immer mehr die Vorzüge Deiner jetzigen Mutter kennen. Am 14. Januar 1873 verlobten wir uns und nach nur halbjähriger Brautzeit schlossen wir den Bund fürs Leben. Die Verhältnisse im Hause meiner Braut waren so unglückliche, namentlich da der Vater schon vor ein paar Jahren gestorben war, daß ich drängte, dieselbe so schnell als möglich dem Hause zu entziehen. Am 14 Juli desselben Jahres fand die Hochzeit statt, und der damalige Diakonus Dryander, jetziger Oberhofprediger in Berlin, hielt die Traurede über Matth. 28, 18: “Siehe, ich bin bei Euch alle Tage bis an der Welt Ende.” Die Feier fand im Hause der Schwiegermutter im engen Kreise statt und verlief sehr fröhlich. Dryander schenkte uns dabei auch seine Gegenwart. Die erste Wohnung hatten wir in demselben der Schwiegermutter, erste Etage links, und wohnten dort neun Jahre; da sie dann aber den erweiterten Familienverhältnissen nicht mehr genügte, zogen wir in die Leipziger Straße in das Burkhart’sche Haus, in welchem wir nun bereits über 20 Jahre hausen.

 
   
 

Lebensgeschichte Deiner Mutter.

Dieselbe berichtet darüber selbst also:

 

Von meinen Großeltern weiß ich wenig, sie sind wohl beide schon im besten Alter gestorben. Mein Großvater väterlicherseits hieß Ludwig; er hatte noch zwei Brüder Carl und August, und eine Schwester Friederike Amalie, die unverheiratet in höherem Alter, etwa 1870, gestorben ist. Alle drei Brüder waren Schiffseigner, d.i. Besitzer von eigenen Schiffen auf der Elbe, trieben also Schiffahrt. Carl besaß das jetzige Heine’sche Haus in der Laboratorienstraße und August das Haus zu Ende des Fischerdörfchens, in dem später Gastwirtschaft betrieben wurde. Carl ist in jüngeren Jahren gestorben, er hatte mehrere Kinder, die ich kaum dem Namen nach gekannt habe. Da war eine Tochter Rosalie, verheiratete Rost, sie zog später nach Berlin, der Mann starb sehr früh und ließ sie mit ihren beiden Kindern Ida und Hermann in sehr kümmerlichen Verhältnissen zurück; letzterer wurde Töpfer und lebt jedenfalls noch in Dresden, Ida verheiratete sich sehr gut mit einem Kaufmann in Frankfurt a/M., der eine Lederwarenfabrik besaß.

 

 
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